Betreff: [idw] Klein und gemein: Tumorviren Datum: Mon, 8 Jul 2002 10:09:42 +0200 (MET DST) Von: "Dr. med. Eva M. Kalbheim" An: idw - Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft - idw - - Pressemitteilung Deutsche Krebshilfe e. V., 08.07.2002 Klein und gemein: Tumorviren Viele Erreger steigern das Zellwachstum beim Menschen Bonn (ct) - Experten gehen davon aus, dass mindestens 15 Prozent aller Tumorleiden durch eine vorangegangene Virusinfektion ausgelöst werden. Epstein-Barr-Viren, Papillom-Viren und Hepatitis-C-Viren sind drei Vertreter von insgesamt 220 Virusarten, die das ungebremste Wachstum menschlicher Zellen fördern und Lymphome, Tumoren des Gebärmutterhalses oder Leberzellkrebs auslösen können. Die Deutsche Krebshilfe fördert eine Vielzahl von Forschungs-Projekten, die sich mit der Rolle von Viren bei der Krebsentstehung beschäftigen. "Krebs und Viren" ist auch das Titelthema der aktuellen Zeitschrift "Deutsche Krebshilfe". "Bei der Untersuchung des Abstrichs von Ihrem Gebärmutterhals haben wir veränderte Zellen gefunden. Sie müssen sich erst mal keine Sorgen machen - diesen Befund stellen wir häufig." Der Frauenarzt rät der Patientin Andrea M., 29 Jahre, alle drei Monate zur Abstrichuntersuchung in die Praxis zu kommen. Denn: Die veränderten Zellen können eine Vorstufe von Gebärmutterhalskrebs sein. Der Gynäkologe erklärt: "Zu 95 Prozent sind bestimmte, durch Geschlechtsverkehr übertragene Krebsviren vom Typ Humane Papillomviren die Ursache". Bestätigt sich der Virenverdacht, wäre Andrea M. eine von Tausenden: In ihrem Alter sind weltweit mehr als 20 Prozent der weiblichen Bevölkerung mit den krebsverursachenden Papillomviren infiziert. Aber nur bei sehr wenigen dieser Patientinnen entwickelt sich aus den so genannten dysplastischen Zellen ein bösartiger Tumor. Die Humanen Papillomviren sind die bedeutsamste Gruppe unter den Tumorviren. Bestimmte Typen gelten nicht nur als Auslöser von Gebärmutterhalskrebs, sondern scheinen auch bei der Entstehung von Tumoren des Penis, des Afters, der Mundhöhle und der Haut eine Rolle zu spielen. Aber auch zahlreiche andere Viren können Krebs auslösen. "Wir gehen davon aus, dass weltweit derzeit mindestens 15 Prozent aller Tumorleiden mit einer vorangegangenen Virus-Infektion in Verbindung stehen, in den Entwicklungsländern sogar jedes vierte Tumorleiden", sagt Professor Dr. Harald zur Hausen, wissenschaftlicher Stiftungsvorstand des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg. Mittlerweile sind rund 220 verschiedene Virusarten bekannt, die das Wachstum menschlicher Zellen fördern: Die Hepatitis-B- (HBV) und -C-Viren (HCV) werden mit der Entstehung von Leberzellkrebs in Verbindung gebracht, das Humane T-lymphotrope Virus mit einer Form von Blutkrebs. Das Epstein-Barr-Virus, ein Vertreter der Herpes-Viren, gilt unter anderem als Auslöser eines bestimmten Nasentumors in Südostasien und des in Afrika häufigen Burkitt-Lymphoms. Bei dieser sehr bösartigen Krebserkrankung ist der Teilungszyklus bestimmter Immunzellen außer Kontrolle geraten. Krebsviren infizieren gesunde Körperzellen und verbleiben meist ein Leben lang im Zellinneren - ohne sichtbare Auswirkungen. Beginnt jedoch das Virus, Eiweißstoffe zu produzieren, die das Wachstum der Körperzelle beeinflussen, kann ein Tumor entstehen. Beispiel Gebärmutterhalskrebs: Der Einbau der Papillomviren-DNA in die Erbsubstanz der Gebärmutterhalszelle hat zur Folge, dass zwei bestimmte virale Eiweiße in großen Mengen produziert werden. Diese Stoffe setzen wichtige Wachstumsregulatoren der Körperzelle außer Kraft. Die Konsequenz: Die Zelle teilt sich ohne Kontrolle, Krebs kann entstehen. Doch vor den winzigen Übeltätern können wir uns schützen. Wie das Aids-Virus werden auch die Hepatitis-Viren durch Geschlechtsverkehr übertragen - Kondome verhindern eine Ansteckung wirkungsvoll. Hepatitis-Viren können aber auch über das Blut weitergegeben werden. Jedes Blutprodukt wird daher auf Hepatitis-Viren geprüft. Drogenabhängige verhindern eine Ansteckung, in dem sie Spritzen und Kanülen nicht gemeinsam nutzen. Wissenschaftler auf der ganzen Welt sind mittlerweile dabei wirkungsvolle Impfstoffe gegen die Tumorviren zu entwickeln. Im Falle von Hepatitis B hat es bereits geklappt: 1984 wurde in Taiwan mit der Impfung aller Neugeborenen gegen Hepatitis B begonnen. Bereits zehn Jahre danach hatte sich die Rate an Leberzellkrebs bei Kindern halbiert. "Gegenwärtig befinden sich Impfstoffe gegen die Hochrisiko-Papillomvirus-Typen 16 und 18 in der Entwicklung. Die bisherigen klinischen Tests belegen, dass eine Schutzwirkung erwartet werden kann", sagte Viren-Experte Professor zur Hausen. Auch an Impfstoffen gegen Epstein-Barr-Viren und Hepatitis-C-Viren werde derzeit intensiv gearbeitet. Zeitschrift "Deutsche Krebshilfe", Ausgabe II/2002 Ausführlicher berichten wir über das Thema "Krebs und Viren" in der Ausgabe II/2002 unserer Zeitschrift "Deutsche Krebshilfe", die kostenfrei angefordert oder im Internet unter www.krebshilfe.de abgerufen werden kann. Im Internet erhalten Sie außerdem weitere Informationen über die Arbeit und die Projekte der Deutschen Krebshilfe. Weitere Informationen finden Sie unter: http://www.krebshilfe.de ---- Betreff: [idw] MDC-Forscher klären Mechanismus der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs durch Papillomviren auf Datum: Tue, 22 Oct 2002 10:30:52 +0200 (MET DST) Von: Barbara Bachtler An: idw - Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft - idw - - Pressemitteilung Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch, 22.10.2002 MDC-Forscher klären Mechanismus der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs durch Papillomviren auf Jährlich erkranken weltweit rund 500 000 Frauen an Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom). Etwa 200 000 Frauen sterben jedes Jahr daran. Diese nach Brustkrebs zweithäufigste bösartige Erkrankung bei Frauen wird durch so genannte Papillomviren ausgelöst. Papillomviren sind Warzenviren, die in den meisten Fällen harmlos sind und lediglich Hautwarzen verursachen. Krebsauslösend sind jedoch unter anderem zwei Vertreter der Humanen Papillomviren (HPV), HPV 16 und 18. Dr. Edgar Grinstein und Dr. Hans-Dieter Royer (Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin, MDC, Berlin-Buch und Heinrich-Heine Universität Düsseldorf) haben jetzt zeigen können, wie eine gesunde Zelle durch das HPV 18 in eine Krebszelle umgepolt wird. Die in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Amsterdam, des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg und der Charité der Medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin entstandene Arbeit ist jetzt in dem renommierten amerikanischen Journal of Experimental Medicine (Volume 196, Number 8, October 21, 2002, 1-13; http://www.jem.org/cgi/doi/10.1084/jem.20011053)* erschienen. Schuld an der Krebsentstehung ist ein körpereigener Eiweissstoff (Protein) des Menschen, das Nucleolin. Es spielt normalerweise bei der Zellteilung und anderen biologischen Vorgängen eine Rolle. In Zellen der Zervix, die mit HPV18 infiziert sind, bindet Nucleolin, wie die Forscher herausgefunden haben, in einer bestimmten Phase der Zellteilung, der so genannten S-Phase, an Kontrollelemente des Virus und aktiviert dadurch zwei so genannte Onkogene (E6 und E7). Es ist bekannt, dass das Erbgut von HPV18 in das Genom der Krebszellen integriert ist. Aus diesem Grund kann der körpereigene Eiweisstoff Nucleolin mit den Kontrollelementen des Virus interagieren. Die S-Phase ist ein Schlüsselprozess bei der Zellteilung im gesunden Organismus. Dabei verdoppelt sich der gesamte Chromosomensatz einer Zelle, damit die neugebildete Zelle ebenfalls komplett ausgestattet ist. Die aktivierten viralen Onkogene hingegen sorgen dafür, dass sich die Körperzelle unaufhörlich teilt und die neue Zelle zur Krebszelle wird. Die Entstehung dieser Krebszellen ist ein mehrstufiger Prozess, bei dem Nucleolin eine Schlüsselrolle spielt. HPV16 und HPV18 werden bei Zervixkarzinomen mit großer Häufigkeit nachgewiesen. Es zeichnet sich jedoch ab, so Dr. Royer, dass HPV18 häufiger so genannte Adenokarzinome in der Zervix auslöst. Diese Tumoren sind besonders aggressiv. Weiter konnten die Wissenschaftler zeigen, dass das Protein Nucleolin in gesunden Epithelzellen der Gebärmutter gleichmäßig verteilt ist. Jedoch bereits bei Krebsvorstufen sowie in Krebsgewebe wird eine stark veränderte Verteilung von Nucleolin in den Zellkernen beobachtet. Diese Befunde könnten möglicherweise zur Entwicklung von Testmethoden für die Früherkennung von Zervixkarzinomen führen. Die Forscher sind davon überzeugt, dass die Ursache der Nucleolin-Fehlverteilung in den Krebszellen in Zukunft aufgeklärt werden kann und somit neue Ansatzpunkte für die Therapie von Zervixkarzinomen entwickelt werden können. *Nucleolin as Activator of Human Papillomavirus Type 18 Oncogene Transcription in Cervical Cancer Edgar Grinstein,1 Peter Wernet,1 Peter J. F. Snijders,2 Frank Rösl,3 Inge Weinert,4 Wentao Jia,4 Regine Kraft,4 Christiane Schewe,5 Michael Schwabe,5 Steffen Hauptmann,5 Manfred Dietel,5 Chris J.L.M. Meijer,2 and Hans-Dieter Royer,1,4 1 Institut für Transplantationsdiagnostik und Zelltherapeutika, Heinrich-Heine Universität Düsseldorf, 40225 Düsseldorf, Germany 2 Department of Pathology, Vrije Universiteit, Medical Center, 1007 MB Amsterdam, Netherlands 3 Angewandte Tumorvirologie, Deutsches Krebsforschungsforschungszentrum, 69120 Heidelberg, Germany 4 Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch, 13125 Berlin, Germany 5 Institut für Pathologie, Charité, Campus Mitte, Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, 10117 Berlin., Germany Weitere Informationen erhalten Sie von der Pressestelle des Max-Delbrück-Centrums Barbara Bachtler Robert-Rössle-Straße 10, 13125 Berlin Tel.: 0049/30/94 06 -38 96 Fax: 0049/30/94 06 - 38 33 e-mail:presse@mdc-berlin.de http://www.mdc-berlin.de ---- Art: überregional, Publikationen, Forschungsergebnisse Sachgebiete: Medizin und Gesundheitswissenschaften Diese Pressemitteilung wurde über den - idw - versandt. 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